Körper- und Geisteserfahrung
Das körperliche beim Pilgern
Der Körper, auch Leib genannt, ist in der christlichen Religion wesentlich. Der christliche Gottesdienst ist deshalb ein Erleben und Erfahren mit allen Sinnen. Dennoch ist der evangelische Gottesdienst im Laufe der Zeit massiv "entleiblicht" worden. Körperbetonte Elemente wurden zurückgedrängt. Erst langsam gewinnen sie wieder Platz – wie der Freundes-oder Friednsgruß im Gottesdienst, bei dem der Nachbar berührt und spürbar wird.
In diesem Zusammenhang hat das Pilgern herausragende Bedeutung.
Wallfahrten werden auch als „Beten mit den Füßen" bezeichnet. Der Pilger spürt körperlich, was er vollzieht. Eine Pilgertour kommt nicht „über uns", wir haben uns dafür entschieden.
Sie ist Aktivität – mit allen Sinnen und dem ganzen Körper.
Selbst bei fernen Zielen sollte die Strecke nicht allein mit einem Auto, Bus oder Zug zurück gelegt werden. Ein (kleiner) Teil des Weges sollte auf jeden Fall zu Fuß zurückgelegt werden.
Grundsätzlich sollten beim Pilgern keine zu kurzen Wegstrecken zurückgelegt werden und man sollte sich auch nicht unterfordern. Jeder Pilger sollte die Möglichkeit haben, sich und seinen eigenen Körper wahrzunehmen. Entsprechend der eigenen Kondition kann ein Weg verkürzt, abgekürzt und mit einer Busstrecke kombiniert werden.
Zu den massgeblichen Pilgererfahrungen gehört es auch, das Gepäck nicht nur transportieren zu lassen. Die Pilger sollten ihr Gepäck selbst tragen: es gehört zur Körpererfahrung dazu, das Gewicht der eigenen Habe auf dem Rücken zu spüren.
Außerdem sind die Wege so gewählt, dass auch körperliche Anstrengungen, Naturerleben und Eindrücke der Landschaft die körperlichen Erfahrungen verstärken.
Selbst wenn es auf schmalen und unebenen Wegen schwierig ist nachzudenken, zu beten oder gar gemeinsam zu singen, hat die an diesen Stellen mögliche Körpererfahrung einen hohen Eigenwert.

